Egozentrismus und Eigenbewegung

Die Weltauffassung des Vorschulkindes divergiert gravierend von dem Weltverständnis des Erwachsenen. Das Kind hat einen kleinen Praxisschatz und mag bislang nicht folgerichtig denken. Als einzigen Verbindungspunkt hat es sich selbst, seine Wünsche, Emotionen und Erlebnisse;

die Dinge aus Entfernung sehen, sie objektiv registrieren, kann es noch nicht.

Darum nimmt es an, daß solche mit denselben Kennzeichen und Eignungen ausgerüstet sind wie es selbst (Egozentrismus).

Die leblose Welt wird anthropomorphisiert, sie ist nichts vom Menschen Abgekoppeltes. Impuls und Reaktion können in ihrer Relation noch nicht gesehen werden (ermangelndes Ursachenempfinden). Auf die Anfrage 'warum?' gibt es für das kleine Kind lediglich die Durchführung einer Perspektive (Finalismus).

Alles hat seine vollständig bestimmte Absicht in der Weltauffassung des Kindes. Das Denken des Kindes ist metaphysisch. Vorkommnisse werden infolge geheimer Kräfte und höherer Mächte bewirkt. Deswegen entsteht eine Weltauffassung glaubend an die magischen Gestalten der Kinderstube und der Fabelgeschichten.

Das Denken ist zusätzlich prälogisch und rezeptionsabhängig. Es kann nicht hergeleitet und verallgemeinert, und ein Ablauf mag nicht als reversibel vorgestellt, werden. Das Begriffsvermögen für Variationen fehlt oftmals bzw. die Einschätzung von Entwicklungen ist nur an die Perzeption gebunden. Egozentrismus und Anthropomorphismus entfachen eine starke emotionelle Besetzung der Umwelt.

Affirmative und negative Emotionen und Erlebnisse kombinieren sich mit Menschen, Gegenständen und Orten, welche allein zufälligen Wechselbeziehung mit den Vorkommnissen haben (physiognomische Auffassung der Umwelt). Gefühlsmäßige Konditionierungen in diesem Alter mögen die Grundsätzliche Einstellung des Kindes zu seiner Umgebung entscheidend verändern.

Der Kulminationspunkt der kleinkindhaften Weltanschauung fällt ins 4. Lebensjahr und wird dann nach und nach abgebaut. Der ausschlaggebende Abschnitt zur Reduktion der magischen Weltanschauung ist die Entdeckung der Grundlage der Eigenbewegung alles Lebendigen.

Unbelebten Dingen werden unterdies keine menschlichen Eigenheiten mehr zugeschrieben, das Denken wird ständig realistischer. Circa Ende der Vorschulzeit beginnen sich Erlebnis und Denken gemeinsam zu koinzidieren und die Generalisierung von Einzelerfahrungen wird realisierbar.